Archiv des Autors: Kristina Wengorz

Sebastian Golla, Lebende Legenden

Auch wenn die Lektorin selbst nie einem Sammelkartenspiel wie Magic: The Gathering oder Pokémon verfallen ist – die Spieleleidenschaft, das Sammeln und das ganze Drumherum ist ihr sehr vertraut.
Sie hat sich sehr gefreut, dieses wirklich gute Buch lektorieren zu dürfen, das sich genau darum und um noch viel mehr dreht.

Foto des Buches »Lebende Legenden« von Sebastian Golla. Auf dem Cover ist ein Mann mit Brille zu sehen, der mit gefalteten Händen auf den Tisch vor sich starrt, auf dem Sammelkarten liegen. Das Buch, das einen Schatten wirft, liegt auf hellem Hintergrund, daneben liegen zwei Sammelkarten. Lektorat

Sebastian Golla
Lebende Legenden
Aus den Aufzeichnungen eines Sammelkartenspielers
Roman
Selbstverlag/Selfpublishing
189 Seiten, 19,99 €
ISBN: 978-3-9825435-0-5

»Jeder von uns kämpfte in einer höchstpersönlichen Angelegenheit. Um den Augenblick des Triumphes, um die Wiederauferstehung der Jugend, um die Schönheit des Spiels. Ich wollte einfach nur gut sein. Auch wenn es niemanden interessierte außer die Anhänger eines Kults, die sich in Spieleläden und Messehallen versammelten, um Pappkarten über Neoprenmatten zu schieben.«

Sebastian Golla, Lebende Legenden

Rufus Klipsch identifiziert sich mit den Waschmaschinen im Keller seines Mietshauses. Gelegentlich träumt er sich in eine Welt zurück, in der es noch kein Internet gab. Im Landeskriminalamt bearbeitet er Akten zur Geldwäsche. Er ist mit seinem Leben einverstanden, bis er den Auftrag erhält, sich mit Hass in sozialen Medien zu befassen. Er bekommt es mit einer fadenscheinigen Softwareschmiede zu tun, die die Arbeit der Polizei mit künstlicher Intelligenz erleichtern will.
Da stößt Klipsch auf einer Dienstreise zufällig auf eine alte Leidenschaft: Er entdeckt das Sammelkartenspiel Lebende Legenden.

Sebastian Golla wurde 1988 in Bonn geboren. Er studierte Rechtswissenschaften in Münster und Santiago de Chile. Heute ist er Juniorprofessor für Kriminologie, Strafrecht und Sicherheitsforschung an der Ruhr-Universität Bochum. »Lebende Legenden« ist sein erster Roman.

Ahne, Wie ich einmal lebte

»Na Gott.« – »Na.«
So beginnen normalerweise die Texte von Ahne – dieses Buch nicht, denn in ihm beschreibt er sein Aufwachsen und Erwachsenwerden in der DDR.

Die Lektorin hat den autobiografischen Roman für Voland & Quist Korrektur gelesen.

Foto des Buches »Wie ich einmal lebte« von Ahne. Auf dem Cover ist das Schwarz-Weiß-Bild eines kleinen Jungen zu sehen, der ein wenig von unten in die Kamera sieht; in den Händen hält er eine Kugel. Die Schrift ist orange. Das Buch liegt auf diversen LPs aus den Achtzigerjahren. Zu erkennen sind u. a. Alben von DAF (Gold und Liebe mit »Verschwende deine Jugend«), Fehlfarben (Monarchie und Alltag), Nena, Trio (Bye Bye), Die Ärzte (Debil), Ideal (Der Ernst des Lebens); ganz am Rand: Spider Murphy Gang.

Ahne
Wie ich einmal lebte
Roman
Voland & Quist
Hardcover
270 Seiten, 26 €
ISBN: 978-3-86391-380-9

Dass Ahne noch lebt, ist gut. Sonst gäbe es dieses Buch nicht. Dass er noch lebt, ist nicht selbstverständlich. Und das Leben an sich auch nicht. Schließlich lebt er fast von Geburt an in zwei Welten gleichzeitig: in Ostberlin und auf einem Kontinent, der nach ihm benannt ist, weil er ihn entdeckt hat. Sein Vater verlässt die Familie, und Ahne fühlt sich plötzlich wie ein Erwachsener.

Dabei will sich sein Körper so gar nicht entwickeln. Als er den Höhepunkt seiner geistigen Leistungsfähigkeit erreicht, ist Ahne 14 Jahre alt, schwul und fürs Leben untauglich. Glaubt er jedenfalls. Aber es geht doch irgendwie weiter. Mit Lehre und Armeezeit, Punk und Pogo, Skiflug-WM und der Abschaffung des Kapitalismus. Und das mit der Liebe könnte man ja auch noch wagen. Zum Sterben ist es nämlich nie zu spät.

Nun hat Ahne das alles auch noch aufgeschrieben, lückenlos und unverfälscht, fast jedenfalls, und wundert sich, dass er es bis heute geschafft hat. Ein autobiografischer Roman über das Aufwachsen in der DDR, die Kraft imaginärer Gegenwelten und das holprige Dasein, das schon auch ein bisschen Spaß macht.

Ahne, 1968 in Berlin-Buch geboren, ist gelernter Offset-Drucker. Die Wende war für ihn ein Glücksfall: Er wurde arbeitslos und Hausbesetzer. Ahne war etliche Jahre bei den Surfpoeten aktiv und liest jeden Sonntag bei der Berliner Reformbühne Heim & Welt. Insgesamt sind von ihm vier Bände seiner »Zwiegespräche mit Gott«, fünf Bücher mit Kurzgeschichten sowie ein Lyrikband erschienen. Ahne ist einer der bekanntesten Lesebühnenautoren der Welt.

Harun Farocki, Lerne das Einfachste!

Die Lektorin hat sich sehr gefreut, dass sie auch bei diesem Band wieder vom Harun-Farocki-Institut* für Lektorat und Korrektorat angefragt wurde. Erst bei der Arbeit mit den Texten hat sie dann festgestellt, dass die Installation »Deep Play«, vor der sie 2007 auf der »documenta 12« ziemlich viel Zeit verbrachte, von Farocki stammt.

* Eigenschreibweise: Harun Farocki Institut

Foto des Buches Harun Farocki, Lerne das Einfachste! Texte 2001–2014. Schriften. Band 6. Das Cover des Buches ist dunkelblau, die einfache Schrift darauf weiß. Unter dem Buch ist ein Ausschnitt aus einem Katalog der documenta 12 zu sehen. Aufgeschlagen ist es bei Fußballbildern aus der Installation »Deep Play« von Farocki. Beide Bücher liegen auf hellgrauem Hintergrund.

Harun Farocki
Lerne das Einfachste!
Texte 2001–2014
Hg. v. Volker Pantenburg
(n. b. k. Diskurs 18: Schriften Band 6)
Verlag der Buchhandlung Walther und Frank König
453 Seiten, 19,90 €
ISBN: 978-3-7533-0325-3

In den Jahren 2001 bis 2014 wird Harun Farockis Werk immer stärker im Feld der zeitgenössischen Kunst wahrgenommen. Internationale Einzelpräsentationen und die Beteiligung an großen Ausstellungen wie der »documenta 12« (2007) begleitet Farocki mit Reflexionen über die veränderten Bedingungen, unter denen die kontinuierliche, nun häufig in modularen Serien organisierte Produktion stattfindet. Seine Texte kommentieren und kontextualisieren einerseits die Arbeit an den installativen Zyklen »Auge/Maschine«, »Ernste Spiele« und »Parallele« sowie der aufwendigen 12-Kanal-Installation »Deep Play« zum Fußball-WM-Finale 2006. Sie bieten andererseits, im Umkreis des Films »Aufschub« und der Workshopserie »Eine Einstellung zur Arbeit«, Gelegenheit, auf zentrale Themen wie die Darstellung der Lager oder den wandelnden Status von Arbeit zurückzukommen.

Im Sommer 2014 wird die über fünfzig Jahre hinweg nicht nachlassende Produktivität Farockis durch dessen plötzlichen Tod beendet.
Der Band enthält ein Nachwort des Herausgebers Volker Pantenburg.

Harun Farocki (1944–2014) war ein deutscher Filmemacher, Autor und Hochschuldozent für Film. Er war einer der wichtigsten Essayfilmer und hat mehr als 90 Filme realisiert.

Tomer Dotan-Dreyfus, Birobidschan

Der erste Frühjahrstitel ist da!
Die Lektorin hat sehr gerne das Lektorat dieses Titels übernommen, gerade weil sie zusammen mit dem Autor einige echte Knoten zu lösen hatte – in einem Text, der über viele Jahre hinweg entstanden ist.
Das Buch erscheint offiziell am 20. Februar.

Foto des Buches „Birobidschan“ von Tomer Dotan-Dreyfus. Das Cover ist überwiegen schwarz bzw. in Grautönen gehalten, die Schrift ist weiß. Zu sehen ist ein Mann, der auf einer großen Maschine steht, es sieht „historisch“ aus. Oben über das Cover verlaufen mehrere weiße Linien, zunächst parallel, dann sich überkreuzend und verschlingend, anschließend erneut parallel. Das Buch liegt auf violett blühender Winterheide, die die Farbe eines Aufklebers auf dem Cover mit einem Blurb von Knut Elstermann aufnimmt: „Lebensklug, tragisch und merkwürdig komisch.“ Lektorat

Tomer Dotan-Dreyfus
Birobidschan
Roman
Voland & Quist
Hardcover
324 Seiten, 24 €
ISBN: 978-3-86391-347-2

Sibirien, 1908. Ein Knall erschüttert den sibirischen Wald Tunguska. Zwei Jahrzehnte später plant Stalin eine jüdisch-sozialistische Autonomie an der Grenze zu China: Birobidschan. Was als stalinistisches Experiment der 1930er-Jahre scheitert, wird in Tomer Dotan-Dreyfus’ Debütroman zum Dreh- und Angelpunkt einer funkensprühenden Geschichte: Da sind Alex und Rachel, verliebt seit Kindertagen. Boris Klayn, Fischer und Ur-Birobidschaner. Gregory und Sascha, enge Freunde, einer hat Depressionen, der andere nimmt ihn mit auf einen Roadtrip gen Tunguska. Dmitrij, der Angst vor Wölfen hat.
Das Leben in Birobidschan geht seinen Gang, die kleinen und großen Sorgen der Bewohner drehen sich fern allen Weltgeschehens – bis sich die Ereignisse überschlagen: Zwei fremde Männer und ein stummes Mädchen bringen die idyllische Gemeinschaft zum Bersten.

In »Birobidschan« erzählt Tomer Dotan-Dreyfus die so unwahrscheinliche wie charmante Geschichte eines jüdisch-sozialistischen Schtetls in Sibirien und knüpft damit an die jiddische Erzähltradition und den magischen Realismus an.
Ein gewitzter Debütroman, eigenwillig und voller Fabulierlust.

Tomer Dotan-Dreyfus, 1987 in Haifa geboren, lebt seit zehn Jahren in Berlin und ist als freier Autor, Lyriker und Übersetzer tätig. Er studierte Philosophie und Komparatistik in Berlin, Wien und Paris und schreibt sowohl in hebräischer als auch in deutscher Sprache. Für die Arbeit an »Birobidschan« erhielt er 2020 ein einjähriges Stipendium des Berliner Senats, außerdem wurde er für das Übersetzungsprogramm Jewish Writers in Translation 2021 der Jewish Book Week in London ausgewählt. Im September 2021 war er zu Gast auf dem Meridian Czernowitz International Poetry Festival in der Ukraine. 2022 erschien sein Essay-Band »Meine Forschung zum O: Unlearning Sprache« (Gans Verlag Berlin). »Birobidschan« ist sein erster Roman.