Archiv der Kategorie: Projekte

J. J. Voskuil, Das Büro 7

Ein bisschen traurig ist die Lektorin schon, dass das Riesenprojekt „Das Büro“ nun fertig ist – aber auch ziemlich stolz!
Sieben Bände sind’s, viel Freude hat die Arbeit mit dem Übersetzer Gerd Busse und dem Co-Lektor Ulrich Faure gemacht, aber jetzt ist es vorbei und jeder, der gewartet hat, bis es alle Bände gibt, kann nun endlich anfangen zu lesen …

J. J. Voskuil
Das Büro 7: Der Tod des Maarten Koning
Aus dem Niederländischen von Gerd Busse
Roman, Leinen mit Leseband, 256 Seiten
Preis: 24,00 €
ISBN: 9-783-95732-012-4

Die Jahre 1987 bis 1989. Maarten Koning ist in Frührente und versucht, seine Tage mit kleinen Arbeiten im Haus, ausgedehnten Spaziergängen mit seiner Frau Nicolien und Fahrradtouren durch die Weiten der niederländischen Landschaft zu füllen.

Das Büro lässt ihn trotzdem nicht los: Vor seiner Pensionierung hatte er darum gebeten, noch eine Weile den Schreibtisch im Dachkämmerchen benutzen zu dürfen – um Projekte abzuschließen, wie er den Kollegen erzählt, in Wahrheit jedoch eher, um den Entzug von Wichtelmännchen und Mittwinterhörnern etwas weniger kalt zu halten. Doch die Atmosphäre im Büro hat sich nach dem Weggang Maartens geändert. Unbehagen beschleicht ihn, als er mit ansehen muss, wie ein neuer Abteilungsleiter das zerstört, was er aufgebaut hat. Die meisten seiner ehemaligen Mitarbeiter folgen klaglos, wenn nicht gar begeistert, dem neuen Kurs. Maarten spürt eine zunehmende Feindseligkeit seiner ehemaligen Abteilung ihm gegenüber. Als er eines Morgens erscheint, um sich an seinen Schreibtisch zu setzen, muss er eine erschütternde Entdeckung machen.

Johannes Jacobus Voskuil, geboren 1926 in Den Haag, war ein niederländischer Volkskundler. Bereits 1963 veröffentlichte er seinen ersten Roman, doch zur Berühmtheit der niederländischen Literatur wurde er erst mit dem Romanwerk „Das Büro“, dessen erster Teil 1996 und dessen letzter 2000 erschien. Er wurde 1997 mit dem Ferdinand Bordewijk Prijs und 1998 mit dem Libris Prize ausgezeichnet. 2008 starb Voskuil in Amsterdam.

Andrej E. Skubic, Spiele ohne Grenzen

Die Lektorin freut sich sehr über die Zusammenarbeit mit den tollen Kollegen von Voland & Quist, für die sie dieses beeindruckende Buch zu einem aktuellen Thema lektorieren durfte. Die Zusammenarbeit mit dem Übersetzer Erwin Köstler war toll!

Andrej E. Skubic
Spiele ohne Grenzen
Aus dem Slowenischen von Erwin Köstler
gebunden
160 Seiten, 18,00 €
978-3-863911-84-3

Erscheint am 11.10.2017.

Aus der Flüchtlingskrise ist in naher Zukunft ein lukratives Geschäft geworden: Während die einen Leichen aus dem Meer sammeln, um diese und deren Habseligkeiten zu Geld zu machen, begeben sich die anderen zu den gekenterten Flüchtlingsbooten, um die Überlebenden als billige Arbeitskräfte zu verkaufen – beides wird von der EU subventioniert. Und dann gibt es noch jene, die illegalerweise versuchen, die Geflüchteten sicher an ihre Ziele zu bringen.

Der Leichensammler Kastelic gerät zwischen die Fronten und seine Überzeugung aus den Fugen, als er eine fliehende Somalierin mit Baby in Obhut nimmt …

Das Belegexemplar …

Andrej E. Skubic (geboren 1967 in Ljubljana, Slowenien) begann seine literarische Karriere 1990 mit Veröffentlichungen in Zeitschriften. Nach dem Studium der slowenischen und englischen Literatur arbeitete er ab 1994 zunächst als technischer Übersetzer und startete eine akademische Laufbahn, die er später zugunsten einer literarischen Karriere ruhen ließ. In den folgenden Jahren veröffentlichte Skubic zahlreiche Romane, Kurzgeschichten, Übersetzungen und einige wissenschaftliche Schriften sowie Theaterstücke, TV-Skripte und -Dokumentationen. Für sein Schaffen wurde er mehrfach ausgezeichnet, u. a. gleich dreimal mit dem Kresnik-Preis für den besten slowenischen Roman des Jahres und den Sovre-Preis für seine Übersetzungen von James Kelman und Gertrude Stein.

Ruth Zylberman, Vermisstenstelle

Und auch für diesen Titel aus dem Secession Verlag hat die Lektorin, sehr zu ihrer Freude, das Korrektorat übernehmen dürfen:

Ruth Zylberman
Vermisstenstelle
(OT: La direction de l’absent)
aus dem Französischen von Patricia Klobusiczky
Roman
gebunden ohne Schutzumschlag
174 Seiten; 20,00 €
ISBN 978-3-906910-18-5

 

Ein kleines Mädchen spaziert bei Tag durch Paris. Bei Nacht wird es im Traum eingeholt von der Geschichte seiner Familie, einer Vergangenheit, die sich in seinen Körper eingeschrieben hat und die es in die Straßen des Warschauer Ghettos führt.

Der Großvater stammte aus Polen, wo auch die Mutter geboren wurde, die als Kind nur knapp der Ermordung durch die Deutschen entging. Ihre Tochter soll nur leben, mehr verlangt sie nicht. Doch Albträume lassen auch die inzwischen bald Vierzigjährige nicht los, sodass ihr Lebenswillen immer mehr schwindet. Um die Sehnsucht nach dem Tod zu überwinden, muss sie sich der Vergangenheit stellen, die ihren Alltag und ihre Beziehungen prägt. Als sie durch ein amtliches Schreiben aus dem Jahr 1945 erfährt, dass ihr Großvater nicht, wie immer angenommen, in Bergen-Belsen umgekommen ist, sondern befreit wurde, macht sie sich auf die Suche nach diesem Mann, von dem seit 65 Jahren jegliches Lebenszeichen fehlte. Sie fährt mit ihrer Mutter nach Warschau, gerät immer tiefer in den Osten und findet dabei zu sich selbst. Doch sie fördert auch eine Wahrheit zutage, die weit über die Geschichte ihrer Familie hinausstrahlt.

Ein dunkles, ein gefährliches Strahlen ist es, das Ruth Zylberman hier mit ihrer betörend klaren Sprache bannt.

Ruth Zylberman (geb. 1971 in Paris) studierte Geschichte an der Sciences Po Paris und an der New York University, bevor sie als Autodidaktin in die Filmbranche wechselte. Nach einigen gemeinsamen Filmen mit dem Regisseur und Moderator Serge Moati setzte sie eigene Projekte um, viele davon für ARTE, unter anderem ein Porträt des legendären Pariser Verlegers Maurice Nadeau: „Maurice Nadeau, Le Chemin de la vie“. Für ihren Film „Dissidents, les artisans de la liberté“ (2010) wurde sie mit dem Grand Prix du documentaire d’histoire ausgezeichnet. „Vermisstenstelle“ ist ihr erster Roman.

Nathalie Azoulai, An Liebe stirbt man nicht

Für den Secession Verlag hat die Lektorin diesen wunderbaren Band zum Frankreich-Schwerpunkt der Frankfurter Buchmesse Korrektur gelesen – über die Liebe, über Literatur und über Jean Racine.

Nathalie Azoulai
An Liebe stirbt man nicht
(OT: Titus n’aimait pas Bérénice)
aus dem Französischen von Paul Sourzac
Roman
gebunden, ohne Schutzumschlag
250 Seiten, 25,00 €
ISBN 978-3-906910-16-1

 

Spricht man in Frankreich von der Liebe, kommt man früher oder später auf Jean Racine, den größten Tragödienautor Frankreichs – vor allem wenn man von jener Liebe spricht, der kein glückliches Ende beschert ist. Und doch ist Racine mehr als all die geflügelten Worte, zu denen viele seiner Verse geworden sind.

Zwischen all dem klassisch weißen Marmor lauern die Schatten. »Eine Trennung ist keine Nichtigkeit«, schreibt Racine im Vorwort zu seiner Tragödie Bérénice – und Nathalie Azoulai nimmt ihn beim Wort. Ihre Bérénice, eine Frau des 21. Jahrhunderts, wird verlassen; Titus, ihr Liebhaber, kehrt zurück zu Frau und Familie. Und tatsächlich – die Worte Racines sind ihr ein Trost; sie erkennt sich in ihnen wieder; sie bedient sich wie in einem »Selbstbedienungsladen für Liebeskranke«. Doch wie konnte ein Mann des 17. Jahrhunderts so treffend über die Liebe und das Leid und den Schmerz nach deren Ende schreiben – zumal aus der Perspektive einer Frau?

Mit Bérénice taucht Azoulai ein in das Leben Jean Racines, zeigt dessen Aufstieg vom Waisenkind im strengen Kloster Port-Royal zum Günstling Ludwigs XIV., die Zerrissenheit zwischen der jansenistischen Askese und dem Prunk am Hof des Sonnenkönigs. Und immer sind ihm Sprache und Literatur Anker und Kompass: die verbotenen und im Verborgenen gelesenen Texte Vergils und Heliodors als Kind und die Suche nach neuen Ausdrucksformen der Liebe und Leidenschaft als immer erfolgreicherer Dichter.

Nathalie Azoulai spiegelt ihre Bérénice der Gegenwart in der Lebensgeschichte ihres Schöpfers und dessen éducation sentimentale im Schmerz seiner Figur, Bérénice. Und so wird dieser berückend schöne und filigrane Text zu weit mehr als einer Biografie oder einem historischen Roman: Nathalie Azoulai zeigt die Universalität der Leidenschaft und des Kummers über die Jahrhunderte hinweg und beschreibt so eine Topografie der Sprache der Liebe.

Nathalie Azoulai, (geb. 1966 in Nanterre bei Paris) studierte Literaturwissenschaften und arbeitete nach ihrem Abschluss als Lehrerin, bevor sie Lektorin wurde. 2002 erschien ihr erster Roman. Heute lebt und arbeitet sie als Schriftstellerin und Drehbuchautorin in Paris. An Liebe stirbt man nicht ist Nathalie Azoulais sechster Roman und ihr erster in deutscher Übersetzung. Sie war damit 2015 unter den drei Finalisten des Prix Goncourt und wurde dafür mit dem Prix Médicis ausgezeichnet.