Archiv der Kategorie: Projekte

Vlado Kristl, Noch immer nichts

Das neue Jahr beginnt mit einem neuen Buch, für das die Lektorin die Begleittexte lektoriert hat:

Vldao-Kristl-FIN.inddVlado Kristl
Noch – immer nichts
Herausgegeben von Wolfgang Jacobsen
Broschur, 128 Seiten, vierfarbige Abbildungen
Preis: 26,00 €
ISBN: 978-3-95732-079-7

Vlado Kristls Briefe entziehen sich den Regeln der klassischen Korrespondenz, dienen allein dem Zweck, sie um eine Kristl’sche Dimension zu erweitern. Sie mischen Bericht und Mitteilung, Prosa und Lyrik, Polemik und Suada – oder sind gezeichnete Botschaften. Auch geben sie Auskunft über die Bedingungen und Grenzen von Kristls Leben und Schaffen. Mit seinem künstlerischen Furor steht immer er selbst im Mittelpunkt. Und doch weist alles über ihn hinaus auf die Existenz des Künstlers schlechthin.

In seinen Briefen und sonstigen schriftlichen Annoncen, die hier erstmals in einer Auswahl vorgestellt werden, ist Vlado Kristl als ein verbaler Verführer erkennbar. Reportage, Forderung, Zornesausbruch stehen neben Rätseln, Wort- und Sinnspielen. Häufig beehrt Kristl seine Adressaten mit handschriftlichen Briefen. Die Schrift rahmt sich selbst mit Girlanden. Typoskripte werden mit Zeichnungen versehen, mit farbigen Stiften bessert der Autor nach. Und in die Worte fügen sich – mitten ins Herz des Papiers oder an den Rändern platziert – Skizzen. Eine Nachricht kann auch als bloße Zeichnung daherkommen. Der Empfänger ist aufgefordert, sie zu dechiffrieren.

Empfänger dieser Briefe, in diesem Band als Faksimiles gedruckt, waren unter anderem Mitglieder seiner Familie, aber auch Freunde wie die Publizisten Uwe und Petra Nettelbeck, der Filmemacher Dieter Reifarth oder der Verleger Ernst Brücher.

Aras Ören, Kopfstand

Ein Tag, zwei Bücher. Und dieses wunderschöne Buch von Aras Ören hat auch ganz tolle Bilder!

Cover_Ören_KopfstandKopfstand
Aras Ören
mit vierfarbigen Illustrationen von Wolfgang Neumann, aus dem Türkischen übersetzt von Cornelius Bischoff
Leinen mit Lesebändchen, 144 Seiten, zahlreiche Abbildungen
Preis: 22,00 €
ISBN: 978-3-95732-015-5

Die Titelerzählung spielt zur Zeit des Golfkrieges, 2003: Ein Mann erfährt, dass er erblinden wird, wenn er sich daran gewöhnt, die Dinge aus der Sicht eines anderen zu betrachten – dann ruft George W. Bush an und die Wohnung explodiert! Ein anderer Text handelt von einer Frau, die in einer Kneipe nach und nach alle Männer mit einem Wollfaden umwickelt. In der Toskana wiederum finden schießwütige Männer plötzlich ein neues Opfer – den Erzähler!

In Aras Örens Geschichten geht es immer darum, wie sich Literatur verselbständigt, wie der Erzähler den Erzählfaden verliert, und dass das, was ist, nicht das ist, was berichtet werden will. Der große Dichter und Erzähler Ören meldet sich mit diesem Band nach über zehn Jahren wieder in der deutschen Literatur zurück!

Alle Texte in „Kopfstand“ werden erstmals auf Deutsch publiziert oder waren bislang nur in Kleinstauflagen erhältlich. Sie wurden eigens für diesen Band gründlich überarbeitet und von dem Maler Wolfgang Neumann kongenial illustriert.

Aras Ören wurde 1939 in Istanbul geboren. Er arbeitete als Schauspieler und Dramaturg an verschiedenen Bühnen. Seit 1969 lebt er in Berlin. Er war Redakteur des SFB und Leiter der türkischen Redaktion von Radio Multikulti des RBB. 1981 erhielt er die Ehrengabe der Bayrischen Akademie der Schönen Künste, 1985 wurde Aras Ören mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet, und 1999 hatte er eine Poetik-Dozentur an der Universität Tübingen inne. Seit 2012 ist er Mitglied der Akademie der Künste, Berlin. Ören schreibt auf Türkisch und arbeitet bei der Übersetzung seiner Werke ins Deutsche mit. Einige seiner Werke erschienen zuerst auf Deutsch.
Werke u. a.: „Was will Niyazi in der Naunynstraße“ (1973), „Privatexil“ (1976), „Deutschland. Ein türkisches Märchen“ (1978), „Bitte nix Polizei“ (1981), „Berlin-Savignyplatz“ (1995) und „Sehnsucht nach Hollywood“ (1999).

Wolfgang Neumann, 1977 geboren, studierte von 1998 bis 2003 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart Malerei bei Prof. Baumgartl und Prof. Güdemann und von 2003 bis 2004 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart Verbreiterungsfach Intermediales Gestalten. Er lebt und arbeitet bei Stuttgart. Zahlreiche Ausstellungen und Publikationen.

Das Wunder in der Schuheinlegesohle

Aus der Zusammenarbeit der Lektorin mit der Nationalgalerie, Staatliche Museen Berlin ist dieser traumhafte Katalog hervorgegangen, der jetzt im Verbrecher Verlag erschienen ist:

Katalog_Prinzhorn_SchuhEinlegeSohle_COVER_PresseDas Wunder in der Schuheinlegesohle. Werke aus der Sammlung Prinzhorn
Für die Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin und die Sammlung Prinzhorn, Heidelberg, herausgegeben von Kyllikki Zacharias
Klappenbroschur, 168 Seiten, zahlreiche vierfarbige Abbildungen
Preis: 29,80 €
ISBN: 978-3-95732-073-5

Mit einer Auswahl von rund 120 Meisterwerken gibt dieser Katalog einen beeindruckenden Überblick über die von Hans Prinzhorn zusammengetragene Sammlung, auf deren Grundlage er 1922 sein Buch „Die Bildnerei der Geisteskranken“ publizierte. Prinzhorn, selbst promovierter Kunsthistoriker und Arzt, entwarf darin eine allgemeine Theorie der Gestaltung, die sich mit den psychischen „Wurzelbereichen“ des Schöpferischen auseinandersetzte – ein Thema, das auch die Künstler der Zeit stark beschäftigte. Expressionisten und  Künstler im Umkreis des „Blauen Reiter“ waren an der emotionalen und seelischen Komponente des Künstlerischen ebenso interessiert wie der Spätsymbolist Alfred Kubin oder die Surrealisten.

Die Surrealisten – die im Zentrum der Berliner Sammlung Scharf-Gerstenberg stehen, in der die Ausstellung „Das Wunder in der Schuheinlegesohle“ ab November 2014 zu sehen ist – haben den „Wahnsinn“ gar zu einem ihrer Ideale erklärt: 1924 pries ihr Wortführer André Breton im „Ersten Manifest des Surrealismus“ die alles überwindende Kraft des Wahnsinns. Salvador Dalí nutzte in seiner „paranoisch-kritischen Methoden“ die wahnhafte Phänomene als Mittel „irrationaler Erkenntnis“.

Der Umstand, dass alle Werke der Sammlung Prinzhorn ohne den Einfluss von Psychopharmaka und fernab jeglicher therapeutischer Maßnahmen entstanden sind, trägt bis heute zu ihrer besonderen Faszination bei. Sie erzählen uns von den Versuchen, mit den Mitteln der Imagination Kontrolle über eine aus den Fugen geratene Welt zu erhalten. Die Welt wird gedeutet, Nachrichten werden empfangen und weitergeleitet, alte Ordnungen zerstört und neue geschaffen, Unheimliches gebannt, Visionen erklärt. Hier sind die Feldzüge Napoleons ebenso bedeutsam wie die Schweißflecke in einer Schuheinlegesohle.

Die Ausstellung ist vom 27. November 2014 – 6. April 2015 in der Sammlung Scharf-Gerstenberg (Schloßstraße 70, 14059 Berlin) und vom 30. April – 15. August 2015 im Museum Sammlung Prinzhorn (Voßstraße 2, 69115 Heidelberg) zu sehen

Karl Prümm, Ein notorischer Grenzverletzer. Niklaus Schilling und seine Filme

Bei der Arbeit an diesem nicht nur wegen seiner Dicke außergewöhnlichen Filit-Band hat die Lektorin festgestellt: Sie kennt keinen der Filme von Niklaus Schilling, muss das aber unbedingt nachholen! Da passte es gut, dass letzte Woche „Der Westen leuchtet!“ mit Armin Mueller Stahl im Fernsehen lief …

Cover_Prümm_Ein notorischer GrenzverletzerEin notorischer Grenzverletzer. Niklaus Schilling und seine Filme
Karl Prümm
Broschur, 240 Seiten
Preis: 18,00 €
ISBN: 978-3-943167-83-2

Eine kühne Kombination von unterschiedlichen Genreelementen ist all seinen Filmen eigen. Niklaus Schilling, 1944 in der Schweiz geboren, Kameramann, Autor und Regisseur, agiert als ein notorischer Grenzverletzer.

Sein Spielfilmdebüt »Nachtschatten« von 1971 changierte zwischen Kammerspiel und Psychothriller. »Die Vertreibung aus dem Paradies« (1976) ist gleichermaßen Metafilm und Szenekomödie, in »Rheingold« (1977) aktualisierte er unbefangen die mythischen und phantastischen Traditionen des deutschen Kinos. Mit dem »Willi-Busch-Report« reagierte er 1979 tragikomisch auf den Niedergang der Presse im Grenzgebiet und ließ die deutsche Wiedervereinigung vorhersagen.

Die Filme von Schilling, der stets sein eigener Autor ist, zeugen von einem starken Bildbewusstsein, von avantgardistischer Lust an Formexperimenten und Interesse für technische Neuerungen. Beispielhaft zu nennen ist »Die Frau ohne Körper und der Projektionist« von 1983 als der erste auf Video gedrehte Kinofilm in Deutschland, in dem er aus dem technischen Format das erzählerische Sujet entwickelt – wie das Fernsehen das Kino umschlingt.

Der Autor, Karl Prümm, geboren 1945, war bis zu seiner Emeritierung 2010 Professor für Medienwissenschaft an der Universität Marburg. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen in der Filmgeschichte und -theorie und der Geschichte des Fernsehens und der Fotografie. Ein besonderes Interesse gilt der Bewertung und Analyse der Kameraarbeit.